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Procida gehört neben Ischia mit Castello Aragonese, Vivara und Nisidia zu den phlegräischen Inseln, die im Golf von Neapel liegen. Unter den phlegräischen Feldern schlummert ein Supervulkan, die Italiener nennen diese Region daher "Campi in fiammi" - die brennenden Felder. 

Ein paar Monate vor meiner Reise dorthin gibt es vermehrt Erdbeben in dieser Region, im Oktober und November waren es mehr als hundert. Alarmpläne und Evakuierungsrouten werden aktualisiert, Fluchtwege ausgebaut, so gut wie das bei den geographischen Verhältnissen überhaupt möglich ist, denn das Gelände ist steil, die Strassen und Wege sind eng und kurvenreich. 

 Die Insel Procida ist nur vier Quadratkilometer gross, hat knapp zehntausend Einwohner und der Tourismus spielt keine so grosse Rolle wie auf Capri. Grössere Hotels sucht man vergeblich und bebaubare Flächen sind auf der am dichtesten besiedelten Insel des Mittelmeeres Mangelware. Bekannt sind die Osterprozessionen, an denen regelmässig viele ehemalige Bewohner teilnehmen. Die älteste Seefahrtakademie Europas hat hier ihren Sitz und bis 1988 war hier ein berüchtigtes Gefängnis. 

Coricella

Coricella liegt auf der Südseite der Insel gegenüber vom Hauptort. Die Bucht ist recht gross und bietet mir wieder guten Schutz. Ich bin auf den ersten Blick begeistert von dem, was ich sehe. Eine traumhafte Postkartenlandschaft, ein Ort mit gepflegten bunten Häusern und einem kleinen Fischerhafen. Ich ankere in der weitläufigen Bucht vor dem Ort und fahre mit dem Dingi zwischen den Steinaufschüttungen, die als Wellenbrecher fungieren,  in den kleinen Fischerhafen. Kleine, bunte Gondeln liegen an der Kaimauer festgemacht, grössere Boote hängen mittendrin an Bojen. Man muss aufpassen, denn mit langen Leinen sind sie an Land zusätzlich befestigt. Am Kai sitzen Fischer, flicken ihre Netze, unterhalten sich miteinander und winken mir freundlich zu. Ich mache fest, wo ich gerade einen Platz finde und gehe an Land. 

Eine schmale, steile Gasse mit mehreren Stufen führt mich ins Zentrum, das aus einer Kirche, ein paar Häusern, Bars und Restaurants besteht. Ich gehe weiter, hinauf zur Burg, die mich schon bei meiner Herfahrt geleitet hat. Die Aussicht von hier aus ist unbeschreiblich. Ein azzurblaues Meer auf dem bunten Fischerboote tanzen, Häuser in rosaroten, blauen und gelben Pastellfarben und mittendrin eine Kirche mit ihrem für diese Gegend typischen Turm. 

 

Am Eingang der Festung ist eine Krippenaustellung aufgebaut. Drin wird fleissig gearbeitet. Ich bezahle eine freiwillige Spende und sehe mir das Kunstwerk an. Eine junge Dame, die damit beschäftig ist, eine grosse Leinwand zu bemalen, erklärt mir, dass hier das ganze Jahr an der Weihnachtskrippe gearbeitet wird. Zum Teil muss restauriert werden, zum Teil werden Teile und Abschnitte erneuert.

Dann gehe ich weiter und sehe mich um. Das frühere Gefängnis macht einen sehr düsteren Eindruck und wirkt schon recht zerfallen. Offensichtlich kümmert man sich nicht mehr darum, obwohl es den Anschein macht, dass man es besichtigen kann. Im Moment ist es ohnehin geschlossen und ich bin ohnehin nicht interessiert, einen derart düsteren Ort zu besuchen. Da widme ich mich lieber schöneren Dingen und kehre zurück zum Dorfzentrum. 

Direkt neben der Bar ist eine Apotheke. Der Apotheker kommt in seinem weissen Mantel vor die Türe, setzt sich auf einen Stuhl und geniesst ebenfalls die Sonne. Eine Dame im Rollstuhl kommt zu ihm und ein weiterer Herr stellt sich daneben. Angeregt unterhalten sie sich, zwischendurch steht der Apotheker auf, geht kurz ins Geschäft und kümmert sich dann wieder um seine Kunden, die dann schlussendlich mit einem gefüllten Plastiksack beladen aufbrechen. 

Das Leben läuft hier sichtlich entspannter. Auch der Wirt der Bar setzt sich zu ein paar älteren Herren, unterhält sich und trinkt mit ihnen. Die beiden französischen Kinder spielten inzwischen auf dem kleinen Vorplatz Fussball und keinen stört es. 

Dann ist mein Glas leer, ich bezahle und mache mich wieder auf dem Weg zum Fischerhafen.

Vor dem Ristorante Graziella legt eine kleine Fischergondel an und bringt frische Ware, die vom Küchenchef in Empfang genommen wird. Die Tische sind vorbereitet, rote Tischdecken, weisse Servietten und Gläser. Ein Kellner weist mir einen Platz an der Sonne zu. Eine Speisekarte gibt es nicht, drei Menüs stehen zur Auswahl. Ich nehme Spaghetti Cozze, den Fisch des Tages und ein für diese Gegend typisches Gebäck als Dessert.

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